walter schulze-mittendorff - metropolis
walter schulze-mittendorff - metropolis
Rotwang ist sowohl ein genialer Wissenschaftler als auch ein okkulter Magier und Alchemist. Die Tür seines seltsamen alten Hauses ist mit dem Pentagramm, dem Fünfzack, gekennzeichnet, ein passendes Symbol für seine Fähigkeiten, denn es steht einerseits für den Goldenen Schnitt, einem Zahlenverhältnis aus der Mathematik, und andererseits für die Magie.
Rotwang, der den Schmerz über den Verslust der Geliebten nicht auf Dauer mit der Anbetung ihres nachgebildeten Kopfes überwinden kann, besitzt das Wissen und die technischen Voraussetzungen, ein Gebilde zu erschaffen mit menschlichen Formen und dem Aussehen einer Maschine. Aus diesem Gebilde, das aus der Sehnsucht nach Liebe geboren ist, deren Erfüllung das Göttliche enthüllt, soll eines Tages innerlich wie äußerlich seine vergötterte HEL wieder hervorgehen. Dem Aussehen nach ist es ein Maschinenmensch, aber in ihm spiegelt sich das Wesen einer Gottheit.
6. Das Konstrukt des Maschinenmenschen
Der ,Maschinenmensch‘ – die HEL
Eine göttliche Erscheinung des Maschinenmenschen ist von der Regie beabsichtigt. Das Drehbuch von Metropolis liefert die Vorgabe: „In Rotwangs Laboratorium thront der Maschinenmensch, einer ägyptischen Gottheit ähnlich.“ – und die künstlerische Umsetzung hat dieses Ziel erreicht. Wie aus einer fernen Welt, wirkt der Maschinenmensch mystisch, und wie eine Gottheit strahlt er Erhabenheit und Unnahbarkeit aus. Er schaut den Betrachter unpersönlich und reglos an. Innerlich leer, vermittelt er gleichzeitig die Kapazität des klaren Bewusstseins. In seinem Wesen bleibt er unberührt, während er denjenigen berührt, der ihn ansieht. Diese Art von sphinxähnlicher Übersinnlichkeit erzeugt beim Zuschauer oft eine Faszination und ein Erschaudern.
Wie die Göttin HEL, die die Dualitäten von Leben und Tod in sich vereint, ist auch der Maschinenmensch ein Zwitterwesen. Obwohl er menschliche Formen besitzt, verbindet er nicht den Menschen mit der Maschine, sondern die Göttin mit der Maschine; im Ursprung ist er eine ‚Dea en Machina’, die Göttin in der Maschine, eine Maschinengöttin. Wie die HEL gleicht auch der Maschinenmensch einer Totengöttin, in seiner Bestimmung lässt er sich jedoch mit der indischen schwarzen Göttin Kali vergleichen. Als Göttin des Todes ist Kali furios und Schrecken verbreitend, ihr Symbol des Schreckens trägt sie als eine Kette aus Totenköpfen um den Hals. Kali benutzt den Schrecken des Todes, um den Menschen wachzurütteln, damit er die Irrwege der Welt erkenne und zu seinem göttlichen Kern, der vom Tod unberührt bleibt, zurückkehre.
7. Der Maschinenmensch – eine Gottheit
Das Gesicht des ,Maschinenmenschen‘
Die indische Göttin Kali
Licht auf Metropolis – Spur der Mystik